Zugegeben, mein Mann ist schuld. Er war es, der die Idee hatte, überall Samen zu verteilen, neues Leben sprießen zu lassen und einen neuen Kreislauf zu beginnen. Und so fingen wir an, die ersten Schritte zu setzen, hegten und pflegten, nur um ernüchternd festzustellen, dass alles plötzlich aus den Nähten zu platzen drohte. Wir hatten ein Monster erschaffen. Ja, die Rede ist natürlich vom Hochbeet, ihr Lieben.
Seit unserer erfolgreichen Stadtflucht von Wien nach Scheibbs dürfen wir uns über ein eigenes Fleckchen Grün freuen. Nachdem der obligatorische Griller in unser Gartenhütterl eingezogen war und auch die Hängematte einladend am Apfelbaum schwankte, keimte in uns ein Verlangen nach mehr. In diesem Fall nach mehr Gaumengelüsten aus eigener Züchtung. Und so zog der Fischer, wie ich ihn liebevoll nenne, mit Watte, Schweiß und Anzuchterde zarte Pflänzchen, die zur richtigen Zeit in ihr rustikales Außenquartier mit Charme umziehen durften. Und oh, wie es fruchtete.
Der Star in unserem Gemüsegarten ist momentan wohl die Zucchini. Grün, gestreift oder gelb - in welches Antlitz sie sich auch kleiden mag - macht sie sich frech in unserem Hochbeet breit und stiehlt anderen Sorten nicht nur den thunder, sondern auch alles andere, was sie zum Wachsen brauchen. Der Fischer, die Patschehändchen unserer Kaulquappen und ich ernten natürlich fleißig, aber nach gefühlten 100 Jahren Zucchinisuppe, -auflauf, -schnitzel, -pizza und in welche Form sich dieses Chamäleon der Gourmetküche noch so bereitwillig zwängen lässt, hilft bald nur mehr eins - das fantastische Einmachglaserl muss her. Und wie ich so stehe und grüne Gemüsehappen mit Gewürzen und Essig vermische, um sie auf ihre Reise in die Ewigkeit vorzubereiten, muss ich mich unwillkürlich fragen: Hat schon mal jemand versucht, Gefühle haltbar zu machen?
Zugegeben, in einer Zeit, in der die Gletscher schmelzen, Stürme wüten und Egomanen zerstören, bräuchten wir alle mal eine emotionale Vorratskammer. Affenpocken, Coronavirus, Waldsterben. Wie wär’s mit Mitgefühlsmarmelade, Sonnenscheinsirup und Kicherkonfitüre? Ein kleiner Vorrat des Glücks, von dem wir stibitzen können, wenn uns die Zukunft ein bisschen trüb erscheint. Ein Bilderbuch aus gepressten Blumen, die uns an schwerelose Zeiten ohne Sorgen erinnern und unsere Zuversicht wieder aufblühen lassen.
Denn ja, auch die optimistischste Powerfrau, die Seifenblasen pupst und dabei nach Wiesenblumen duftet, darf manchmal ihre Origami-Schwäne in die Ecke pfeffern und kraftlos sein. Denn wir fallen alle mal hin, verlieren den Mut und sehen nur Gewitterwolken in unserer Kristallkugel. Doch was wäre, wenn wir unsere Glücksgefühle, Schmetterlinge im Bauch und Frohmomente genau wie des Fischers Monstrum konservieren, fein säuberlich etikettieren und wieder herausholen, wenn wir es am allermeisten brauchen? Wenn die Stimmung am Boden liegt und wir einen Endorphincocktail als Pick-Me-Up brauchen? Mit Schlürfstrohhalm und Glitzerpalme? Machen wir das doch einfach. Finden wir unseren individuellen Weg, wie wir uns eine Speis aus Kraftmomenten, Wohlfühlgedanken und Energiequellen für uns selbst einrichten. Nehmen wir unser Hochbeet der Gefühle, zweigen wir ein bisschen davon ab und schaffen wir uns ein Vorratskammerl der Hoffnung, auf das Martha Stewart neidisch wäre. Und beim nächsten Donnerwetter streiche ich mir mein Gute-Laune-Chutney vom Kammerl direkt aufs Brot.